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15-jähriges Jubiläum des Skulpturenparks Waldfrieden

von Johannes Vesper

Hausherr Tony Cragg vor Richard Long "Maritime Spirale" - Foto © Johannes Vesper
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15-jähriges Jubiläum 
des Skulpturenparks Waldfrieden
 
Zur Tradition der Kunstszene im Rheinland - 250 Jahre Akademie in Düsseldorf, 199 Jahre Wallraf-Richartz-Museum in Köln, 121 Jahre Von der Heydt-Museum in Wuppertal - trägt seit 2008 der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal bei. Rund fünfzig Ausstellungen von Bildhauern aus der ganzen Welt hat Tony Cragg bisher dort gezeigt. Von einigen hat er Skulpturen angekauft, als erste die rote Stapelsäule von Bogomir Ecker („Odolop“ 2012). Zum Jubiläum präsentiert Tony Cragg jetzt erstmalig Kunstwerke des eigenen Bestandes. Dabei hat er nach seinem eigenen Geschmack und Gusto Ausstellungsstücke ausgewählt.
 
So sind in der mittleren Ausstellungshalle Werke von Anne und Patrick Poirier (beide geboren 1942) zu sehen, deren Bedeutung für die zeitgenössische Kunst aktuell vielleicht zu wenig beachtet wird. Sie arbeiten mit ihren alten Landschaften, Ruinen und Palästen gegen das Vergessen an, schaffen aus der Erinnerung. Die große hängende Rundplastik, („Ouranopolis“), die über etliche kleinen Löcher mit Optik Einblicke in ihr Inneres gewährt war schon bei ihrer Ausstellung „Mnemosyne“ 2016 im Park zu sehen. 

Von Luise Kimme (1939-2013) - seit 1976 unterrichtete sie an der Kunstakademie in Düsseldorf - sind drei farbenfrohe Holzskulpturen ausgestellt. An indigenen Menschen Mittelamerikas und der Karibik war sie besonders interessiert, lebte sie doch immer wieder auf Tobago, wo sie auch ein kleines Museum unterhielt. 

Als dritter im Bunde ist hier Andreas Schmitten (geb. 1980) vertreten. Mit gekreuzten Beinen und großer Schale zwischen den Oberschenkeln - das Ganze in glänzendem Weiß – liegt seine Skulptur („Geburt“) auf einem niedrigen ovalen Podest. Tony Cragg schätzt diesen jungen Künstler wegen seiner ganz eigenen Bildsprache, hat von ihm auch eine weitere Skulptur erworben („Immaterielles“), die im Park steht. Bezüglich der Ausstellung arbeitet der Skulpturenpark Waldfrieden ohne jede öffentliche finanzielle Unterstützung, Tony Cragg finanzierte bisher alle Präsentationen und kam im Gespräch darauf zu sprechen, wie es damit wohl weitergehen könnte, wenn er eines Tages, „als Mäzen“ ausfallen würde. Die Cragg-Stiftung unterhält den Park und ist für Ausstellungen nicht zuständig. Da werden Ideen gefragt sein.
 
 
 Luise Kimme, La Diablesse - Foto © Frank Becker

 
Andrea Schmitten, Geburt - Foto © Frank Becker

Wie eine Prozession wandelt die Gesellschaft der Besucher auf dem Weg hinauf zur oberen  Ausstellungshalle, passiert dabei neue Exponate (Dauerleihgaben von Georg Baselitz, Erwin Wurm und Not Vital), auch den „Paris“ von Markus Lüpertz, einer Schenkung des Künstlers.
In der eleganten, lichtdurchfluteten Halle auf der Höhe glänzt zum ersten Mal die maximal reduzierte Stahlrohr-Raumplastik in Weiß von Norbert Kricke (1922-1984). Tony Cragg gestand, daß Norbert Kricke ihm viel bedeute und er leider international nicht so anerkannt werde, wie es eigentlich gerechtfertigt wäre. Immerhin habe er in der jungen Bundesrepublik die Bildhauerei gereinigt von völkisch-rassischer und ideologischer Propaganda, sie nach dem NS-Alptraum quasi neu erfunden. Die Bodenplastik von Richard Long (*1945) wird aus Bruchsteinen nach schriftlicher Anweisung stabil gelegt (Beginn in der Mitte, größere Steine nach außen). Fast Konzeptkunst, präsentiert sie sich nach jedem Aufbau nie völlig gleich. Tony Cragg hat sie in einer Galerie gekauft, obwohl er seit Jahrzehnten mit dem Künstler eng befreundet ist. Noch ohne Beschilderung, kann die minimalistische geknickte Skulptur von Otto Boll oben unter der Decke leicht übersehen und der Alabaster-Kopf von Hede Bühl nicht von jedem sofort identifiziert werden. Tony Cragg würde bei der Ausstellung tatsächlich am liebsten auf Schilder verzichten. Er wünscht sich eine direkte Begegnung zwischen Betrachter und Werk, keine Ablenkung durch Schilder oder gar Informationen von Kuratoren. Unter Verweis auf Duchamps besteht er darauf, daß alle Materialien künstlerische Bedeutung entfalten können, wenn die Fantasie des Künstlers sie belebt. Wenn er über die Erforschung der Welt mittels Bildhauerei spricht, hört man immer wieder gebannt zu. Das Thema entfaltet seit Leonardo da Vinci seine Virulenz.
 
 
 Klaus Rinke, Insel - Foto © Johannes Vesper


Gilbert & George, Fuel (hinten), Stephan Balkenhol, Satyr (vorne), Richard Deacon, Aphabet F (rechts) - Foto © Johannes Vesper

In der unteren Ausstellungshalle plätschert Wasser durch von Klaus Rinke („Insel“) unordentlich aufgestapelte Zinngefäße. All die Gießkannen, Töpfe, Wannen, Schöpfeimer, Schöpfkellen werden gefesselt durch zahlreiche schwarze Gummischläuche und von oben beleuchtet mit zwei Strahlern. Der hölzerne, aber trotzdem lasziv-nackte „Satyr“ Stephan Balkenhols scheint sich dafür nicht so zu interessieren, während Gilbert & George an der Wand aus rot schwarz-weißer Fantasiearchitektur heraus tanzen.
Dies und noch mehr zeigt Tony Cragg aus der hauseigenen Sammlung. Der Besuch des nahezu mythischen Skulpturenparks in seiner Stille wird bei fast schon herbstlich anmutendem Wetter wie der herrliche Kuchen im Café Podest dringend empfohlen. 
 
Informationen zum Skulpturenpark Waldfrieden: www.skulpturenpark-waldfrieden.de/